Mittwoch, 16. März 2011

Kernspaltung und Kernreaktoren

Aus aktuellem Anlaß ein Abschnitt über die Nutzung der Kernenergie in Atomreaktoren. 

Bei der Kernspaltung zerfallen bestimmte Atomkerne wie Uran oder Plutonium unter Freisetzung von Energie in zwei oder mehrere neue Atomkerne. Diese Reaktion kann man gezielt zur Energiegewinnung ausnutzen, entweder in einer gesteuerten Kettenreaktion im Atomreaktor oder in einer ungesteuerten Kettenreaktion bei der Atombombe.
Natürliches Uran besteht zu 99,3 % aus Uran-238, zu 0,7 % aus Uran-235 und zu 0,006 % aus Uran 234. Die Zahl 235 bedeutet dabei die Massenzahl des betreffenden Isotops. Die Massenzahl setzt sich auch der Anzahl der Protonen und der Anzahl der Neutronen zusammen. Die Massenzahl wird als hoch gestellter Index vor das Elementsymbol geschrieben. Unmittelbar darunter steht die Protonenzahl als tief gestellter Index. Die allgemeine Schreibweise für ein Uran-Isotop sieht also folgendermassen aus:  23892U =  MassenzahlProtonenzahlU. Der HTML-Code macht es mir allerdings unmöglich, die beiden Zahlen direkt untereinander zu schreiben!

Wenn man auf natürlich vorkommendes Uran langsame Neu­tronen einwirken lässt, so findet keine Kettenreaktion statt. Durch die Neutronen wird nur das Uran-235-Isotop gespalten. Die dabei frei werdenden Neutronen werden durch das hauptsächlich vorhandene Uran-238 abgefangen, dabei entsteht Uran-239:

23892U   +   n   --->     23992U  

Es findet keine Kettenreaktion statt, die Kernspaltung erlischt und es passiert gar nichts mehr. Dieser absorbierenden Eigenschaft des Uran-238 haben wir es zu verdanken, dass sich das natürlich vorkommende Uran nicht schon längst in Atomexplosionen selbst zerstört hat! Wenn man also Kernspaltungen erfolgreich durchführen will, muss man im natürlich vorkommenden Uran erst das Isotop mit der Massenzahl 235 anreichern. Zur Anreicherung von Uran-235 stellt man aus dem Rohmaterial zunächst Uranhexafluorid (UF6) her. Vom Fluor gibt es nur ein einziges Isotop. Deshalb sind die winzigen Massenunterschiede in dieser Verbindung allein auf die verschiedenen Uranisotope zurückzuführen. Uranhexafluorid ist sublimierbar, geht also direkt vom festen in den gasförmigen Zustand über. Deshalb kann man das Uran-235 in dieser Verbindung über Gasdiffusion oder mit Hilfe von Ultrazentrifugen anreichern. Für den Betrieb von Atomreaktoren wird das Uran typischerweise auf 3-5 % Uran-235 angereichert. Für Atomwaffen benötigt man eine Anreicherung auf mindestens 85 %.
Beim Beschuss von Uran-235 mit langsamen Neutronen entsteht durch Einfangen des Neutrons das Uranisotop mit der Massenzahl 236. Dieses instabile Uranisotop zerfällt unter Abgabe von 1 bis 3 Neutronen und einer großen Menge an Wärmeenergie sofort in zwei kleinere Atomkerne:

 23592U  +   n   --->  23692U   --->    Atom A   +   Atom B   + 1-3 n   + Energie

Die kleineren Atomkerne können Massenzahlen von ca. 90 bis 140 haben. Als Beispiel sei hier der Zerfall von Uran-235 in Barium und Krypton formuliert:

  23592U +   n   --->   23692U    --->   9236Kr      +     14256Ba    + 2 n   + Energie

Solche Reaktionen bezeichnet man als Kernspaltung. Bei der Kernspaltung werden riesige Energiemengen frei. Die Ursache dafür ist, dass die schweren spaltbaren Kerne wie Uran-235 oder Plutonium-239 sehr energiereich sind. Im Unterschied dazu sind die entstehenden kleineren Atome deutlich stabiler und damit energieärmer. Bei der Kernspaltung wird die in den Atomkernen des Urans oder Plutoniums gespeicherte Energie frei.
Beim Zerfall eines schweren Atomkerns entstehen Neutronen. Diese können sofort neue Kernspaltungen auslösen, sofern ausreichend spaltbares Material in der Nähe ist. Nehmen wir einmal an, bei jeder Spaltung eines Urankerns entstehen zwei Neutronen. Diese spalten zwei weitere Urankerne, dadurch entstehen vier Neutronen. Diese spalten vier weitere Urankerne usw. Die Zahl der gespaltenen Atomkerne wächst dadurch lawinenartig an. Wenn dies der Fall ist, so kommt es zur Kettenreaktion. Bei der ungesteuerten Kettenreaktion werden riesige Energiemengen explosionsartig freigesetzt.
Der Text dieses Posts ist aus dem Buch "Anorganische Chemie für Dummies" entnommen. Wer mehr über dieses Thema wissen will, schaut in dieses Buch.

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